Nun haben wir also tatsächlich die einmalige Gelegenheit unser sonstiges Dahergerede zu überprüfen, ob es tatsächlich daheim am allerschönsten ist. Das Virus hat uns nach Hause geschickt. Und da sollen wir jetzt bleiben. Ein merkwürdiger Ausflug in eine unbekannte Welt, eine unfreiwillige Reise ins innerste Ich. Auch ich bin längst an meinem neuen Ferienort angekommen.

Wenn ich auch aus Gründen einer sinnvoll kombinierten Platz-, Höhen- und Flugängstlichkeit ohnehin zeitlebens auf Reisen durch die Luft bisher zu verzichten wusste, stellte ich dieser Tage trotzdem verwundert fest, dass mir das Ostufer des Gardasees vertrauter ist als die eigene Garage. Während es in Malcesine oder Bardolino kaum mehr Neues zu entdecken gibt, hält meine aktuelle Expedition durch die persönliche Behausung durchaus Überraschungen bereit. Ich finde Dinge wieder, die ich nie gesucht habe und Dinge, die ich eigentlich nie mehr finden wollte. Davon ausgehend, dass aufgrund der aktuellen Situation weitere Eigenheimforscher in ähnlicher Mission unterwegs sind, weiß ich jetzt, warum der Wertstoffhof sicherheitshalber die Zugbrücken hochgekurbelt hat.

Das neue Daheimsein hält wirklich viel Verblüffendes bereit. Ein vielbeschäftigter Ohnemichgehtehnix-Exkollege rief mich beispielsweise letzte Woche an, er hätte nach Bezug seines Home-Office eine Frau auf der Eckbank seines Esszimmers angetroffen, die behauptet seit fünfundzwanzig Jahren mit ihm verheiratet zu sein. Vielerorts kommt es ausserdem zu schmerzhaften Kollisionen im Haushalt, weil überall Menschen herumstehen, die da zu dieser Zeit eigentlich nichts verloren haben.

Dort, wo der esoterische Schnittlauch wächst oder die pädagogische Petersilie sozialmedialer Schlaumeier blüht, darf man freilich jede Krise auch als Chance betrachten. So bietet uns der coronale Hausarrest die einzigartige Möglichkeit das eigene Ich zu suchen und sein innerstes Selbst zu entdecken. Wir dürfen uns halt danach nicht wundern, wenn wir dabei jemanden finden, mit dem wir privat nichts zu tun haben möchten.

Um nach diesen Zeilen vielleicht einen tröstenden Abschluss hinzubringen, würde ich das mit einem deutschen Sprichwort probieren: Besser daheim Kummer leiden, als mit bösen Nachbarn Gesellschaft haben. Auf bald wieder irgendwo da draussen!